Sunday, March 09, 2008

Botho Strauß on Time (II)

Diese Mini-Serie BOTHO STRAUSS ON TIME zeigt ausgewählte, gelungene Worte des Dichters gleichen Namens, präsentiert zusammen mit MA Stefanie Roenneke, Literaturwissenschaftlerin und Camp-Expertin.

Erwähnenswerterweise endet Strauss im folgenden Exzerpt mit Heraklit, mit dem einst—in den Augen einiger Gelehrter—Geschichte mit Versal-G erst begonnen hatte:

“Mit der Zeit kommen die Menschen immer noch am wenigsten zurecht. Den Raum haben sie sich leichter verfügbar gemacht, jedenfalls den ihnen zugemessenen, den erdumschließenden. Zeit aber bleibt Teil des kosmischen Überschwangs. Mit ihr können die Irdischen nicht nach ihrem Belieben umspringen, können sie weder erobern noch zerstören und nicht zu dem Ihrem zählen. So mussten sie denn allerlei behelfsmäßige Uhren einrichten, die abergläubischen und die geschichtlichen, die biografischen und die ideologischen, so dass aus der unfasslichen Zeit die mächtigsten Täuschungen und Stimmungen des Menschengeschlechts hervorgingen. Mal war es die Endzeit, mal die Neuzeit. Mal war die Vorzeit grau, mal war sie golden. Mal lebte man in der Heils-, dann wieder in der Katastrophen-Erwartung vom Ende aller Tage. Geschichtliche Schockwellen. Sehnsuchtswechsel. Nichts Reales dran. Und oft war dann nur eine Weltbildgefahr im Verzuge, wo man wie gebannt auf die Weltbrandgefahr gestarrt hatte.

Die Zeit ein Kind, sagt Heraklit, ein Kind beim Brettspiel, ein Kind auf dem Throne.”


Apologies to our readers who prefer our English posts.

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