Heute gingen wir durch staubige heiße Straßenzüge einer müden Stadt; wir waren gerade entsetzt den postmodernen Spasmen seiner neueren Architektur entflohen, und reisten durch städtische Zeiten und Räume rückwärts, bis wir am Friedhof von Montparnasse ankamen.
Wir traten durch das Tor und fragten mit dem Französisch von Sechsjährigen nach dem Grab von Susan Sontag. Und als wir dieses schlicht-schwarze Lehrstück in Understatement endlich gefunden hatten, welches ihr Grab darstellt—der schwarze schwere Stein ist riesig und war vermutlich sehr, sehr teuer; wenn das Licht sich darin reflektiert, dann vollkommen, bis es das Schwarz der Materie annihiliert; und durch die Linse einer Kamera sieht der glatt polierte Stein oben auf einmal ganz weiss aus, wie die prätentiös unprätentiöse Strähne Grau, die Sontag gerne ins schwarzgefärbte Haar hinein zur Schau stellte—
Als wir also da so standen, entspann sich ein Gespräch über das jüdische Ritual, einen Stein auf das besuchte Grabmal zu legen.
Ich kreiste um das Phänomen, dass diese Steinchen ja nicht mitbebracht werden, wie es mit Geschenken oder Grabbeigaben sonst der Fall ist. Meine jüdische Begleitung sprach davon, wie diese Steine eben zugleich dem Konzept von Ewigkeit dank ihrer Beschaffenheit nahekommen, gleichzeitig aber sehr un-fancy und nicht wirklich Schmuckwerk sind, was ebenfalls sehr wichtig sei.
Mir hingegen will es scheinen, dass dieses Aufnehmen eines Steins aus seiner chaotischen Heimat am Wegesrand oder aus der unmittelbaren Umgebung des Grabs und sein ledigliches Re-arrangiert-werden ein starkes und schönes Symbol ist, mit dem sich der Mensch der Entropie in den Weg stellt. Das Vergehen des geliebten Menschen kann er nicht verhindern; aber er kann mit dem Aufheben des Steins, dem Ordnen, dem Strukturieren einer Szenerie, dem ewigen naturgesetzlichen Streben nach totaler Vermischung ein leises aber bestimmtes Nein entgegenwerfen.
Das Chaos, das auch Susan Sontags schlaues Hirn und ehemals anmutiges Wesen pulverisiert hat, wird obsiegen, und auch unser Geist, und die Moleküle die ihn ermöglichen, werden sich wieder zerstreuen eines Tages.
Heute aber, und for the time being, sprachen auch wir, an Susan Sontags Grab und ihr zu Ehren, unser kleines situationistisches und sehr lebensbejahendes Nein.
Apologies to our readers who prefer our English posts.
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