Man muss sich nicht die Mühe geben und die sogenannten Kreatonisten, jene christlichen Fundamentalisten, die behaupten, die Erde wäre vor gerade einmal 6000 Jahren erschaffen worden—von Gotteshand—mit dem sprichwörtlichen Schaum vor dem Mund bekämpfen und bekriegen, wie der umtriebige Richard Dawkins dies tut. Man muss sie nicht verdammen und fürchten. Man muss sich nicht über ihre Phantastereien beschweren, und sie mit dem Darwinschen Weihwasser bekämpfen wollen.
Man muss sie vielmehr mit der gebotenen Lässigkeit ihrer Phantasielosigkeit und Kurzsichtigkeit überführen—es reicht also eigentlich, mit einem müden Lächeln sich die Einfalt klarzumachen, die solchen Weltbildern innewohnt.
Am besten tut man dies mit einem Blick auf reichhaltige vergangene Kulturen wie jene der MAYA, die mühelos uns fremd erscheinende Mathematik (Vigesimalsystem, if you know what I am saying) mit planetarischer Weitsicht und dieser gewissen Ergebenheit verbanden, und denen das Denken in Zyklen von über 5000 Jahren kein Problem darstellte.
Ich muss im Folgenden einige fleissig-zwänglerische Wikipedia-Autoren zu Wort kommen lassen, auf dass die ganze Schönheit des Maya-Kalender-Systems in dem ihm würdigen Lichte erstrahle:
“Die Maya benutzten für rituelle und zivile Zwecke nebeneinander verschiedene Kalender, die auf einer Tageszählung im Zwanzigersystem beruhen: den rituellen Tzolkin-Kalender, den zivilen Haab-Kalender und die Lange Zählung (long count), mit der längere Zeiträume erfasst werden konnten, die für Himmelsbeobachtungen und Astronomie eine große Rolle spielen. Die Kombinationen von Tzolkin und Haab Daten wiederholen sich nach einer 52 Jahre dauernden Kalenderrunde. Die gegenwärtige Periode des Maya-Kalenders endet aller Wahrscheinlichkeit nach am 21. Dezember 2012.
Das Haab ist ein Solarkalender mit 5-Tages-Interkalation, aber ohne Bindung an den Mond. Der Tzolkin-Kalender is—im Unterschied zu den überaus meisten anderen historischen und heute verwendeten Kalendersysteme—weder an den Sonnen- noch an den Mondrhythmus gebunden. Es sind zahlreiche Spekulationen gemacht worden, ob, und wenn ja, welchen—wohl astronomischen—Vorgaben dieses erstaunliche System folgt. Eine schlüssige Hypothese steht aber noch aus, und erscheint angesichts der schlechten Quellenlage auch wenig wahrscheinlich.
Vollständige Datumsangabe: Der Todestag des Herrschers Pacal I. von Palenque lautet im Maya-Kalender 9.12.11.5.18 6 Edznab 11 Yax. Dabei gibt 9.12.11.5.18 den Tag als Lange Zählung an, 6 Edznab den Tag im Tzolkin-Kalender und 11 Yax ist der Tag im Haab-Kalender.
Lange Zählung: Die Lange Zählung der Tage benötigten die Maya für astronomische Berechnungen und die Geschichtsaufzeichnung. Dabei laufen die einzelnen Stellen (z.B. 9.12.11.5.18) jeweils von 0 bis 19, bis auf die vorletzte Stelle, die nur bis 17 läuft. Die Lange Zählung stellt daher eine Datumsangabe dar, mit der über einen Zeitraum von über 5000 Jahren jeder Tag eindeutig angegeben werden kann.
Haab: Das Haab diente den Maya zu zivilen Zwecken, z. B. zur Berechnung der Saat- und Erntezeiten und ähnelt unserem Kalender, da es ein Sonnenjahr mit 365 Tagen umfasst. Im Haab-Kalender wird das Jahr in 18 “Monate” mit je 20 Tagen unterteilt. Zum Abschluss dieser addierten 360 Tage folgen 5 “Unglückstage” (Wayeb'; Schalttage). Alles in allem ergibt das 365 Tage pro Jahr.
Tzolkin: Für rituelle Zwecke benutzten die Maya den Tzolkin (“Zählung der Tage”), bei dem jeder Tag (Kin) durch eine Kombination einer Zahl (Ton) von 1 bis 13 mit dem Namen einer von 20 Schutzgottheiten (oder Tagesnamen) bezeichnet wird. Ein Tzolkin-Datum bezeichnet daher einen bestimmten Tag in einer Periode von 260 Tagen und wird beispielsweise als 6 Edznab angegeben.
Kalenderrunde: Da der Haab-Kalender 360 Tage (im Gegensatz zum Gregorianischen Kalender) und der Tzolkin-Kalender 260 umfasst, wiederholen sich alle 18.720 Tage (kleinstes gemeinsames Vielfaches von 360 und 260) oder 52 Haab-Jahre die Kombinationen von Haab- und Tzolkin-Daten. Dieser Zeitraum wird als Kalenderrunde bezeichnet, innerhalb derer eine Kombination aus Haab- und Tzolkin-Datum eindeutig ist.”
Etwas esoterischere Denker wie José Argüelles gehen einige Schritte weiter in ihrer Lesart des Maya-Kalenders und ziehen für uns hier an der Zeitmauer inspirierende Parallelen, die Daniel Pinchbeck zusammenfasst: Der Zeitraum des ganz grossen Zyklus (step aside, pathetic creationists) seit dem 11. August 3114 vor Christus bis ins Jahr 2012 stellt ziemlich genau das dar, was wir Geschichte zu nennen übereingekommen sind.
Im Jahre 2012, am 21. Dezember, also treten wir ins Post-Histoire ein. Bleiben nur noch ein paar Fragen: Wusste Hegel davon, und wer sagt Kojève Bescheid?