Problemlos reiste ich ein in das neue Land. Nicht einmal meine Fingerabdrücke wurden genommen; es lag bestimmt an kaputter Gerätschaft, aber mir war, als sei der Geist Obamas bereits in operation. Bereits wenige Stunden nach der Ankunft fand ich mich an der Ecke 7th & F wieder, wo ich mit dem Kollegen und Neurolinguisten Walt Whitman verabredet war. Die lose Bekanntschaft war schnell aufgefrischt, und er schwärmte mir vor, wie alles blühe hier in D.C., mitten im Herbst, in den wenigen Tagen seit der Wahl. Whitman erwies sich als bestens informiert: Das neue Killers-Album bezeichnete er als healthily camp—die Qualität der Verse in seinem Verdikt wohl gnädig aussparend—, zahlreiche Werke in der neuen Georgetown Gallery of Modest Art hatten es ihm offensichtlich angetan, ich konnte mir unmöglich alles merken (eine neue Videoarbeit von Antje Majewski müsse ich mir unbedingt anschauen), und bei einem iced cheese cake im Bistro “Poste” im Hotel Monaco gegenüber überzeugte er mich, dass der sehr ehrbare Rizzolatti selbst nicht haftbar zu machen sei für die Mirror Neuron-Pest in den Empathie–, Erziehungs– und Ratgeber-Schundbüchern. Ich war überwältigt von der Energie des alten Mannes: Whitman hatte in den späten 1960ern hartnäckig versucht, eine aus Heidegger abgeleitete Chomsky-Interpretation im Affenmodell zu überprüfen, war damit aber stets bei Geldgebern und den wichtigen Zeitschriften durchgefallen. Heute—und dafür wird er ebenso bewundert wie belächelt—arbeitet er mit einem ebenfalls sehr eigenwilligen kombinierten EEG– und MRT-Setup daran, Körperschwingungen, wie sie beim Vokalisieren entstehen, in elektrischen Strom zu wandeln und mithilfe einer Armada von schlauen Physik– und Elektrotechnik-Studenten in einem mehr oder weniger klassischen EEG-Feedback ins Hirn zurückzuspeisen. Erfrischt und ermutigt von so viel liebenswertem Wahnsinn in unserer Branche schlenderte ich mit ihm die Straße hinauf zum Empfang im Goethe-Institut, wo Whitman von meinen wie seinen Landsleuten emphatisch begrüsst wurde. Eine gute, neue Zeit.
Apologies to our readers who prefer our English posts.
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