− Für Olaf Schäfer
Dort anfangen, wo andere aufhören. Aufhören müssen, weil es ihnen nicht anders vergönnt ist. Dort hin, wo es weh tut (ist das fussballerdeutsch? reporterdeutsch? schlimmer, am schlimmsten: feuilletondeutsch?).
Calypso frelimo schneidet in die Luft, sendet Wellen durch die Unräumlicheit einer grossen Wohnung. Solierende Instrumente schreien, wissen selbst nicht, ob sie Schwein oder Mensch sind, Teil des Problems oder Teil der Auflösung, in der sich alles befindet.
Einer der anfängt, einer es ausdrückt. Einer, der alles zulässt. Die Tränen von Jahren tropfen an den Wänden hinab, wie Blut, sie sind das Blut, die (katholische) Wandlung in den Leib. Wer sich verströmt, mit seinem Blut, seinen Tränen […], der kann schauen, furchtlos, und er wird Dinge sehen, von denen andere nicht träumen. Also:
Einer, der für uns träumt. Einer, der uns sagt, wie es sich am besten träumt, auf welchen Kissen, einer der seinen Stoff offen legt, der die Textur, die Nährlösung nennt, den Tropf, an dem er hängt. Was will er?
Den Raum umarmen. Sich selbst einspannen in ein Geflecht, sich selbst einhängen ins Balkenkreuz der Erinnerungen. Orte ohne Erinnerung verharren im Nichts, und nur wer erinnert, hat einen Ort. Nur wer aber einen Ort hat, kann erinnern. Zeitsprung: Mich verorten, das ist die Aufgabe. Mich transformieren, mich transzendieren in den Raum hinein, ihm sodann die Erinnerungen entsaugen, auf denen das Neue, Nächste gedeiht, selbst neu erstehen, neu gedeihen, neu leiblich werden aus den Erinnerungen des Raumes. Wie klingt er, der Raum?
Er klingt wie Madeleine McCann. Er klingt wie Pascal. Er klingt wie Borges, blind schon, unterwegs zu anderen Sternen. Er klingt wie Hannah Arendt, rauchend, in Schlauheit suhlend. Er klingt wie ein toter alter Schäferhundmischling, dem sein eigener Lebenssaft, sein Blut zu Klumpen im Nichts zwischen den Gefäßen verhängnisvoll zusammengelaufen ist – ein grotesker Unfall. Ein groteskes Auftreten von Bildern auch, ein Aufsteigen in mir von Bildern, aus Tönen, nicht, um nichts in der Welt der Dinge und Begrifflichkeiten zu verwechseln mit der (ja!:) protestantischen Synästhesie der Hirnforscher. Eine Akzidenz des Grotesken.
Die Becken Al Fosters, der sich immer ganz vergrub hinter diesen wagenradgrossen Blechscheiben, die so unvorhersagbar zu schwingen mögen, wenn man sie nur herrisch anschlägt – sie sägen von Wand zu Wand, reiten auf Wellen, die sie selbst sind, nutzen die Luftmoleküle nur zu rauschhafter Fahrt durch mein Zimmer. Sie sind mein Zimmer. Al Foster ist für diese Minuten der Herrscher des Raums, seine Vasallen knechten die Luft, werden die Luft, usurpieren den Raum, die Erinnerung, allen Eindruck, der überhaupt nur möglich scheint, jetzt.
Weil einer sich hingesetzt hat und alles zugelassen hat. Alle Liebe, und allen Schmerz. Weil einer alles zulässt, kann ich fragen: What was it that so darkened our lives. Er gibt mir erst Worte ein, dann Bilder, die zu Tönen werden, Klangwelten, auf denen und durch die jene nur für mich bestimmten Krebszellen der Erinnerung geritten kommen, er gibt mir den Raum zurück.
(verfasst in direkter Replik auf Olaf Schäfer: Raummaschine, Berlin 2007; Typographische Anweisung und müder Scherz: Zu setzen in der Berthold Akzidenz Grotesk)
Sunday, February 10, 2008
Classics of Camp (I): accident grotèsque — eine hilflose Umklammerung
Posted by Jonas at Sunday, February 10, 2008
Labels: Classics of Camp, Death, Deutsche Innerlichkeit, Mostly in German, Postmodernism, Prose, Sound
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