Ein Bild drängt sich auf. Das Bild des sehr alt gewordenen Rechtsgelehrten Carl Schmitt. Schmitt, der immer gerne aus diesen leicht falschen Gründen verehrt wird. Schmitt, wie sein Gehirn langsam aber unumkehrlich sich der Nacht zuwendet. Und wie er sein ihn selbst und seinen Ruf wohl noch lange überlebendes total-politisches Bonmot von der Souveräntät und vom Ausnahmezustand, selbst in einer Welt lebend, die er nicht mehr verstanden haben mag, radikal erweiterte. Vielleicht ahnte er nicht einmal, wie nah seine Altersparanoia ihn an die Wahrheit, unsere heutige Wahrheit, geführt hatte. Nun, dieser Carl Schmitt wird zitiert mit den Worten:
“Nach dem ersten Ersten Weltkrieg habe ich gesagt: ‘Souverän ist, wer über den Ausnahmezustand entscheidet’. Nach dem Zweiten Weltkrieg, angesichts meines Todes, sage ich jetzt: ‘Souverän ist, wer über die Wellen des Raumes verfügt.’”[1]
Die Wellen des Raumes also. Der Schall, die Radiowellen, das langsame Pulsieren des Globus, jener großen subsonischen Basstrommel; meinethalben auch das Donnern der Somme-Schlacht, das die englische Familie in Hampstead Heath nicht überhören konnte, und heute, über allem, das leider unhörbare Surren der Wireless LAN-Kommunikation.
All dies Wellen des Raumes. Als Greis also soll Schmitt so einmal gesprochen haben, und er nahm um Jahrzehnte die jetzt virulente, angstvolle und unheilschwangere Stimmung der querulatorischen Gymnasiallehrer und Alternativmediziner, der Globalisierungsgegner und Total-Aussteiger vorweg.
Aber auch ganz bei Trost kann man sich an Schmitts Diktum und an seiner Wahrheit erfreuen, und wenn wir unsere Späße über die großen Ingenieursleistungen der totalen Einwicklung machen, so bleibt es doch wahr: Längst ist es nicht mehr das Land, auf dem ich stehe, sondern es sind ebendiese Wellen des Raumes, jene die ich verstehen und dekodieren kann, im Radio, im Fernsehen, am Mobiltelefon, genauso wie jene, mit denen mein Gehirn scheinbar nichts anzufangen weiss, auf denen mich mein Schicksal ereilt. Please keep all electronic devices switched off during our flight.
[1] Zitiert nach Christian Linder (2005), Freund oder Feind, Lettre International, 68: 95. Zeitlebens habe Schmitt Angst vor Wellen und Strahlen gehabt. Radio oder Fernsehen ließ er Berichten zufolge in seiner Wohnung nicht zu, damit nicht “Ungebetenes wie Wellen oder Strahlungen” in seinen Raum eindringen konnte. Schon in der Nazizeit habe, wenn jemand eine Rede des Führers habe hören wollen, ein Radio ausgeliehen werden müssen. Cf. Linder, p. 84
Apologies to our readers who prefer our English posts.
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