Friday, January 30, 2009

Object Trouvée

This photo was allegedly taken only minutes before Rezzo Schlauch failed being elected as mayor of Stuttgart, in autumn 1996.

Friday, January 23, 2009

Und alles wäre gut.

– und automatisch hat man Ernst Blochs besorgte Worte im Ohr, warum gerade junge Menschen eine Zeit sentimentalisch vermissen, die sie gar nicht erlebt haben. (Tobias Rüther)

“Wie manchmal, in einem Moment, und nur für diesen Moment, alles gut ist. Das vergisst man viel zu schnell. Dass manchmal, nur manchmal und sehr kurz, wirklich alles gut und richtig ist.

Über diese Momente lebt man immer so hinweg, um sich wieder den Erfordernissen der Wirklichkeit oder auch dem Selbstmitleid und der kulturpessimistischen Rage hinzugeben. Im Anfluten solcher Momente beschleunigt sich das Denken zu einem kleinen, aber rasenden Fluss, wie als wüsste das Hirn schon, dass es jetzt durch dieses Nadelöhr, diese enge Stirn durch müsste, um dann gleich dahinter—oder gleich danach— zum völligen Erliegen zu kommen, sehr kurzzeitig.

Dieser Stillstand des Denkens, die völlige Abwesenheit des Sorgens, Mangelns und Wollens ist sehr schön. Sie ereilte den Schreiber dieser Zeilen heute morgen, nach kurzer Rast nach umso längerer, rasender Abfahrt entlang der hübsch bepflanzten Weinberge. Einfaches in der Küche stehen, baren Fusses, achtlos gekleidet, ein Märchen über Bowie und Berlin und die vergangene Zeit gerade aus der Hand gelegt, den Siebträger der Kaffeemaschine soeben am herausdrehen.

Noch bevor der Siebträger auf dem Tisch zu liegen kam, war schon alles vorbei, das Denken suchte sich wieder seinen Platz und ich die Kaffeebohnen, und die Worte, mit denen ich dies schreibe, zeigten sich. Aber—wie doch manchmal, in einem Moment, und nur für diesen Moment, alles gut ist!”

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Wednesday, January 21, 2009

Das Böse des Banalen: Der achte Versuch

Alles, was ich vor bald einem Jahr über das Ende der Syntax schrieb, über das Versagen unserer Sprache, oder besser gesagt über unseren freiwilligen Verzicht auf sprachliche Kohäsion und Komplexitäten: All das, so ist mir klar geworden, findet sich in der mittlerweile völlig etablierten Formulierung «Liebes-Aus». Sie penetriert den öffentlichen Raum des Boulevards und der Video-Texte, und endlich unser Bewusstsein, das ja nur Sprache ist.

Es ist so schrecklich; man will zurück zu den Keilschreibern, man will ein Nacktmull sein, man will wortlos durch die Nacht des gefrorenen Bodens graben, immer tiefer, immer trauriger, wenn man so etwas zu gleichen Teilen verachtenswert Albernes, Falsches, sehenden Auges Herätisches, Blut– und Hirnleeres und wirklich ästhetisch Entsetzliches lesen muss. “Liebes-Aus».

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Monday, January 19, 2009

Deconstructing Jünger

“Wenn Sie einsteigen in ein Spiel […], dann merken Sie, daß eine gewisse Be­geist­erung Sie befällt, auch wenn Sie, wie ich, eigentlich kein Ver­hält­nis [zu diesem Spiel] haben. Dasselbe ereignet sich, wenn ich in ein polit­isches System einsteige. Ich habe für Ord­nungs­systeme ein Faible.” Das sagte Ernst Jünger einmal, 1982, und dieser Satz lässt ahnen, dass er der span­nungs­reichen (De-)Konstruktion seiner eigenen Begriffswelten durch den Herausgeber Alexander Pschera und seiner nicht un-illustren Autorenschar im recht neuen Band “BUNTER STAUB sicher sehr aufgeschlossen gegenübergetreten wäre.

Das vieltausendseitige Ordnungssystem Ernst Jünger, an dem der alte bad guy mit dem später eher humanistisch-entzeitlichten Gestus eines Astrologen und Sehers jahrzehntelang gewerkt und, vielleicht ohne es zu bemerken sehr postmodern, herumredigiert hat. Dieses System erfährt nun eine Spiegelung und Brechung in einem fast vierhundertseitigen Band aus dem Hause Matthes & Seitz:

Schlüsselbegriffe aus Jüngers Werk wie “Gestalt”, “Rausch”, “Waldgang”, “Schmerz” werden von ausgewählten Kennern des Jüngerschen Werks in eigenen Texten neu eingeleuchtet, und stehen  in der Mehrzahl  als Kunsttexte eigenen Ranges nun vor uns. Ihre wirklich kunstvolle, ebenso gedanken– wie für Jüngernovizen einsichtsreiche Verbindung aber besorgt ein namenloser Essayist, von dem wir annehmen, dass es Pschera selbst ist und der hier uneitel die eigentlichen Ein– und Aussichten zusammenträgt.

Gerade also für alle, denen dieser Bücherversand schon ebenso penetrant wie erfolgreich vom »Arbeiter« bis zu den »Afrikanischen Spielen« oder den »Glass Bees« (Jünger auf Englisch, auch eine sehr schöne Spiegelung) alles anempfohlen hat, ist dieser Band ein Segen: Endlich weiterdenken, über Jünger hinausdenken, Jünger anders lesen. Dazu tragen am ertragreichsten gerade die aberwitzigsten Versuche bei, wie David Woodards situationskomischer Trip mit Jüngers Augen durch das nicht mehr Leningrad heissende Petersburg, oder Pscheras stream of consciousness, den Topos des “Flugtraum” einleitend. Die einst an einer selbstbewussten Nation feilenden vermeintlichen Stars des Bandes hingegen bleiben erstaunlich blass, zu nah an Jünger selbst vielleicht, um dem Unternehmen der Dekonstruktion Entscheidendes beifügen zu können. Aber das machen andere wett, wie Eckhart Nickel, Lorenz Jäger, Günter Figal oder Mark von Schlegell, die verschmitzt ihre Hütchenspieltricks mit Jüngers Wesen und seinen Begrifflichkeiten veranstalten.

Jeder “[Künstler], für den […] die Jagd ein faszinierendes Spiel ist, ein Vorwand für subtilste Kombinationen und Differenzierungen” (so schreibt Jünger selbst in “Subtile Jagden” 1967) wird jedenfalls eine andauernde Freude am Besitz dieses sehr schön gesetzten, schön unbunt in schwarz und weiss gehaltenen, handlichen Bandes haben. Kaufen Sie dieses Buch und geben Sie es nicht mehr her!


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Thursday, January 15, 2009

Hannes Woidich: Maschine

Hannes Woidich
MASCHINE
Ausstellung der Diplomarbeit
15.–18. Januar 2009, jeweils von 16.00 bis 19.00 Uhr
Künstlerhaus Dortmund, Sunderweg 1

Hannes Woidich, der mit uns an der Wall of Time letzten Mai ausführlich sprach, stellt nun endlich sein bisheriges Opus Magnum, die Photographien-Serie “MASCHINE”, aus.

Damals sagte Woidich, nach seinen Motiven (sic) befragt:

“Zur Zeit photographiere ich in großen Fabrikhallen Maschinen, alles bei Nacht, die Maschinen stehen still. Wenn man diese Produktionsstätten ruhen sieht, bei Dunkelheit und menschenleer, dann fragt man sich zwangsläufig, was das bedeuten könnte. Ein Leben, das versorgt wird aus irgendwelchen austauschbaren Fabriken, die diese austauschbaren Waren herstellen, die ich dann mit meiner einzigartigen CANON EOS 5d und mit meinem hochwertigen und vorzüglich verarbeitetem Stativ aus Carbon abphotographiere […] Ich photographiere diesen Zerfall auch, weil ich froh um ihn bin.



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Wednesday, January 14, 2009

Erste Sätze (I)

In this mini-series, WALL OF TIME will present sentences or short paragraphs that would make for a good book opener, all from novels or essays I have not written and I have no intention to write. Feel free to use them:

— “Durch die Pfoten eines Plastik-Eichhörnchens betraten wir die Disco, die von Guillermo Del Toro 1998 entworfen worden war.”
— “Was ist eine Disco?”

The series ERSTE SÄTZE is brought to you by WALL OF TIME Prose and Cons Dept.

Tuesday, January 13, 2009

Bekanntmachung

Antje Majewski

“Tanz
RGBCMYK
05 January–31 January 2009

neugerriemschneider
Linienstr. 155
10115 Berlin

Bitte besuchen Sie die Ausstellung der Künstlerin Antje Majewski, wenn Sie einmal in Berlin sein sollten dieser Tage.

Thursday, January 01, 2009

2009: The year we make contact

David Woodard is playing at my house.
Markus Hablizel is playing at my house.
David Byrne and Brian Eno are playing at my house.
Anne Hauswald is playing at my house.
JC Schmiedle is playing at my house.
Stalingrad is playing at my house.
Vera Leirer is playing at my house.
Till Huber is playing at my house.
Ingo Niermann is playing at my house.
Alexandra Ludwig is playing at my house.
Eckhart Nickel is playing at my house.
Minion is playing at my house.
Dresden is playing at my house.
Stefanie Roenneke is playing at my house.
Ramin Assadollahi is playing at my house.
Christian Obermeier is playing at my house.
The dearest colleagues some of whom would hate to be named here are all playing at my house.
Books from Boxes is playing at my house.
Christian Kracht is playing at my house.
The only living boy in NY is playing at my house.
Britta Heumann is playing at my house.
Jens Lekman is playing at my house.
Hölderlin is playing at my house.
Time code is playing at my house.
Frutiger is playing at my house.
Bashir waltzes at my house.
Dick van Dique is playing at my house.
The Darjeeling Limited is playing at my house.
Jean Baudrillard is not playing at my house.
The Editors are playing at my house.
Café Cantona is playing at my house.
The young man who looked so totally lost sleeping in the underpass for a while is playing at my house.
Somebody is playing at my house.
The Dearest Neighbour is playing at my house.
David Lieske is playing at my house. Also, Carsten Jost is playing at my house.
Stefan George is playing at my house.
Peter Handke is playing at my house.
Tina Bauer is playing at my house.
ZERN is playing at my house.
Schloss Wiesenburg is playing at my house.
Josie is playing at my house.
Ca. of MIJULY & CA. is playing at my house.
Lewis is playing at my house.
Paco is playing at my house.
Back surgery is playing at my house.
The Groove Department is playing at my house.
Hoefler is playing at my house.
Hand surgery is playing at my house.
Bine Knauer is playing at my house.
Frank Eisner is playing at my house.
All Frauke Finsterwalder movies are playing at my house.
Max Sebald is playing at my house.
Hannes Woidich is playing at my house.
Olaf Schäfer is playing at my house.
Taxman is playing at my house.
Anne Philippi is playing at my house.
Three friends sadly lost are still playing at my house.
Jens Thiel is playing at my house.
Bloc Party is playing at my house.
Daniel Klemm is playing at my house.
Helvetica is playing at my house.
Jörg Kühnel is playing at my house.
Soulsender.de is playing at my house.
Skins are playing at my house.
My family is playing at my house.
The dead are all playing at my house.

Thank you all for the year we called 2008 here at the Wall of Time.